Artikel zum Thema ‘Verfahrenshindernis’

Rechtsstaatswidrige Tatprovokation durch verdeckte Ermittler der Polizei führt zur Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofes mitgeteilt.

Danach hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs durch Urteil vom 10.Juni 2015 ein Urteil des Landgerichts Bonn aufgehoben, durch das zwei Beschuldigte wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln zu Freiheitsstrafen verurteilt worden waren. Der Senat  hat das Verfahren wegen eines auf einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation beruhenden Verfahrenshindernisses eingestellt. Hintergrund war ein vager Tatverdacht gegen zwei Männer, in Geldwäsche und Betäubungsmittelstraftaten verstrickt zu sein. Nachdem eine langfristige Observation und umfangreiche Überwachungsmaßnahmen diesen Verdacht nicht betätigt hatten, setzte die Polizei mehrere verdeckte Ermittler ein, die über einen Zeitraum von mehreren Monaten versuchten, die Beschuldigten dazu zu bringen, ihnen große Mengen „Ecstacy“-Tabletten aus den Niederlanden zu besorgen. Erst als einer der verdeckten Ermittler drohend auftrat und ein anderer behauptete, wenn er seinen Hintermännern nichts liefere, würde seine Familie mit dem Tode bedroht, halfen die Beschuldigten in zwei Fällen ohne jedes Entgelt bei der Beschaffung und Einfuhr von Ecstasy.

Der Bundesgerichtshof hatte bisher solche Fälle rechtsstaatswidriger Provokation über die „Strafzumessungslösung“ geregelt, d.h. die Strafe lediglich gemildert.

Diese Rechtsprechung gibt der Senat jetzt auf, da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Oktober 2014 vorgegeben hatte, eine bloße Strafmilderung reiche nicht aus, wenn eine rechtsstaatswidrige Provokation vorliege. Damit ist in Deutschland erstmals die rechtswidrige Überredung von Bürgern zu Straftaten durch die Polizei oder von ihr gesteuerter Personen als ein Verfahrenshindernis anerkannt worden. (BGH 2 StR 97/14, Urteil vom 10.06.2015)