Artikel zum Thema ‘gemeinsames Sorgerecht’

Wer entscheidet, ob das Kind geimpft wird?

Wem steht die Entscheidung darüber, ob das gemeinsamen Kind geimpft werden soll oder nicht zu?

Das Amtsgericht Darmstadt hatte über einen Streit zu entscheiden, in dem die Eltern sich nicht darüber einig wurden, ob das gemeinsame Kind gegen  Keuchhusten, Pneumokokken, Tetanus sowie Diphterie geimpft werden solle. Diese Impfungen werden von der sog. „ständigen Impfkommission“ empfohlen.

Nach der Empfehlung der Kinderärztin bat die von dem Kindesvater getrennt lebende Kindesmutter diesen zur Zustimmung zu den Impfungen. Der Kindesvater war sehr impfkritisch eingestellt und stimmte den Impfungen nicht zu. Die Kindesmutter beantragte daraufhin bei Gericht die Alleinentscheidungsbefugnis zur Durchführung der Impfungen. Das Gericht gab ihr Recht.

Bei der Durchführung der in Rede stehenden Impfungen handele es sich um eine sog. „Entscheidung in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens“. Die Impffrage sei Teil der üblichen Vorsorgeuntersuchungen, die ihrerseits zur alltäglichen Sorge desjenigen Elternteils gehöre, bei welchem sich das Kind gewöhnlich aufhalte. Diese seien von der weit überwiegenden Bevölkerungsmehrheit allgemein anerkannt. Die Impfungen hätten auch Auswirkungen auf das tägliche Leben. So könne beispielsweise eine fehlende Tetanusimpfung einen Elternteil davon abhalten, das Kind im Freien spielen zu lassen. Außerdem sei der Elternteil, bei dem sich das Kind für gewöhnlich aufhalte auch derjenige, der über den Gesundheitszustand des Kindes am besten informiert sei.

(AG Darmstadt, Beschl. v. 11.06.2015, Az. 50 F 39/15 SO)

 

 

KG Berlin: Kein Wechselmodell gegen den Willen der Eltern

Das  Wechselmodell -das Kind lebt  zu gleichen Zeitanteilen abwechselnd im Haushalt eines Elternteils- darf grundsätzlich nicht gegen den Willen eines Elternteils gerichtlich angeordnet werden. Im zur Entscheidung des Kammergerichts stehenden Fall, würde dem Kind ein Wechselmodell eher schaden. Es bestünde die Gefahr, dass die entstehenden Konflikte aufgrund der fehlenden Kommunikation der Eltern auf dem Rücken des Kindes ausgetragen werden. Das Konfliktpotenzial wäre sogar größer, da sich der Vater auf das Wechselmodell nur gezwungener Maßen eingelassen hätte.

KG Berlin, Beschluss vom 14. 3. 2013, 13 UF 234/12

Gemeinsames Sorgerecht für nichteheliche Väter

OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.06.2012 – 10 UF 45/12

Auf die Beschwerde einer Mutter hob das OLG Brandenburg die erstinstanzliche Entscheidung der Stattgabe der Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts auf den nichtehelichen Vater einer vierjährigen Tochter auf. Die Mutter bleibt allein sorgeberechtigt.

Grundsätzlich dient es dem Kindeswohl, wenn das Kind in dem Bewusstsein lebt, dass beide Elternteile für es Verantwortung tragen. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Kind zu beiden Elternteilen eine gute Beziehung hat, sich beide um das Kind kümmern und Kontakt mit ihm pflegen. Die gemeinsame elterliche Sorge ist allerdings nur möglich, wenn zwischen den Eltern nicht nur ein Mindestmaß an Übereinstimmung besteht, sondern sie auch bereit und in der Lage sind, in angemessenem Umfang und in angemessener Art und Weise über die Belange des Kindes zu kommunizieren.

Im vorliegenden Verfahren war es so, dass es nicht nur unterschiedliche Auffassungen der Eltern über die Angelegenheiten des Kindes wie z.B. in Fragen der Einschulung, der Freizeitaktivitäten (Musik, Sport), der Hobbys oder auch der Gesundheitsfürsorge und der medizinischen Behandlungen gab sondern insbesondere war es so, dass die Eltern derzeit und in der näheren Zukunft nicht in der Lage sein werden, miteinander zu kommunizieren. Die erforderlichen kindeswohlverträglichen Abstimmungen, die zu konstruktiven Lösungen führen, können bei unterschiedlichen Auffassungen kaum stillschweigend erfolgen.

Die Anordnung des gemeinsamen Sorgerechts zu Gunsten des nichtehelichen Vaters ohne Zustimmung der Mutter verbietet sich -so das OLG im o.g. Beschluss- , wenn bei beiden Elternteilen so erhebliche Vorbehalte gegen den jeweils andern bestehen, dass ein vertrauensvolles Zusammenwirken im Interesse des Kindeswohls ausgeschlossen erscheint.

Haben Sie Fragen zum gemeinsamen Sorgerecht? Rechtsanwältin Katrin Zink steht Ihnen gern zur Verfügung!