Artikel zum Thema ‘Freispruch’

Verletzung der Unschuldsvermutung trotz Freispruch

Die Unschuldsvermutung kann auch durch ein freisprechendes Urteil verletzt werden. Es kommt deshalb nicht nur auf den Tenor einer Entscheidung an, sondern auch auf die Urteilsbegründung. Daraus darf sich nicht ergeben, dass das Gericht einen Angeklagten für schuldig hält. Die Strafgerichte sind gehalten, die Gründe besonders zurückhaltend zu formulieren, wenn absehbar ist, dass z.B familienrechtliche Folgeverfahren von den gerichtlichen Äußerungen beeinflusst werden können. Im konkreten Fall hatte das Gericht in den Urteilsgründen dargelegt, dass es den Angeklagten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern für schuldig hält. Die Unschuldsvermutung reicht demnach über ein anhängiges Strafverfahren hinaus und muss gewährleisten, dass andere staatliche Stellen den Freigesprochenen nicht so behandeln, als hätte er die Tat begangen.(Urteil des EGMRNr.48144/09, 15.1.2015 )

Freispruch: Behörde beauftragt Privatfirma mit der Auswertung einer Geschwindigkeitsüberwachung

Dem Betroffenen wurde im zugrundeliegenden Fall eine nicht unerhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen. Da die Behörde die Auswertung des Messergebnisses einer Privatfirma übertragen hatte, war das so erhobene Messergebnis für das Gericht nicht verwertbar und der Betroffene aus diesem Grund freizusprechen. Die Feststellung von Ordnungswidrigkeiten ist eine typische Hoheitsaufgabe aus dem Kernbereich staatlichen Handelns. Eine Mitwirkung von Privatpersonen ist nur zulässig, wenn die Verwaltungsbehörde“Herrin des Verfahrens“ist. Dazu gehört, dass die Auswertung eines Messergebnisses der Ordnungsbehörde vorbehalten bleibt.(AG Parchim, Urteil vom 01.04.2015, 5 OWi 2215/14)