Artikel zum Thema ‘Bußgeldverfahren’

Akteneinsichtsrecht auch in die Rohmessdaten im Bußgeldverfahren

Immer wieder versagen die Behörden ein vollständiges Akteneinsichtsrecht auch in die Rohmessdaten. Hierzu gibt es eine aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts Kempten. „Die Bußgeldstelle des Bayrischen Polizeiverwaltungsamtes wird angewiesen, im Rahmen der Akteneinsicht dem Verteidiger die komplette Messfilmreihe in unverschlüsselter Form, das digitale Messfoto und die Fotoliniendokumentation an die Kanzlei des Verteidigers zu übersenden. Nach § 147 StPO ist dem Verteidiger umfassend in alle Aktenbestandteile einschließlich der Beweismittel Einsicht zu gewähren“. (AG Kempten 10.09.15, 24 OWi 220 Js 15207/15)

Verjährung im Bußgeldverfahren nach Übergabe des Bußgeldbescheides an Kanzleikraft

Wenn die Bußgeldbehörde einen Bußgeldbescheid weder mit Zustellungsurkunde an den Betroffenen noch an den Verteidiger direkt zustellt, sondern laut Postzustellungsurkunde an die Sekretärin als „Vertretungsberechtigten“ so ist die Zustellung nicht wirksam, mit der Folge, dass eine verjährungsunterbrechende Wirkung der Zustellung nicht eintritt. Die Kanzleikraft ist nämlich weder eine gesetzliche noch eine sonstige Vertreterin des Verteidigers. (vgl. AG Landshut 27.07.2015, 2 OWi 4286 Js 5892/15)

Zulässigkeit von Hausdurchsuchungen zur Aufklärung von Ordnungswidrigkeiten

Zur weiteren Aufklärung von Ordnungswidrigkeiten ist eine Hausdurchsuchung nach Auffassung des Landgerichts Berlin  zumindest dann zulässig, wenn es sich um den Verdacht eines wiederholten und hartnäckigen Gesetzesverstoßes handelt.Der Betroffene hatte bereits mehrfach u.a.gegen die Gewerbeordnung verstoßen. Die daraufhin gerichtlich angeordnete Durchsuchung seiner Wohnung verstoße nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da es einen Grundsatz von unzulässigen Wohnungsdurchsuchungen in Bagatellsachen nicht gebe und der Betroffene bereits auffällig geworden war. ( LG Berlin, 16.04.14, 510 Qs 49/14)

Alkohol am Steuer und die Folgen….Die Entscheidungskraft der dritten Stelle des Messwertes hinter dem Komma

Im vom Oberlandesgericht Bamberg entschiedenen Fall ist gegen den Betroffenen in einem Bußgeldverfahren gem § 24a StVG wegen Führens eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr eine Geldbuße sowie ein Monat Fahrverbot verhängt worden. Die Behörde hatte ihrer Entscheidung die Ergebnisse eines ordnungsgemäß durchgeführten Dräger Alcotes 7110 Evidential zugrundegelegt. Die erste Atemalkoholmessung ergab einen Einzelwert von 0,259 mg/l, die zweite einen Einzelwert von 0,248 mg/l. Die Behörde hat daraus einen Mittelwert von 0,25 mg/l errechnet. Dies war falsch. Bei der Bestimmung der vorwerfbaren Atemalkoholkonzentration sind die für den maßgeblichen Mittelwert bereits abgerundeten beiden Einzelwerte mit jeweils drei Dezimalstellen zugrunde zu legen, so dass sich lediglich ein Mittelwert von 0,24 mg/l ergibt und der Betroffene freizusprechen war.
(OLG Bamberg, Beschluß vom 24.5.12 3Ss OWi 480/12)