Archive for the ‘Verkehrsrecht’ Category
Geschwindigkeitsbegrenzung mit Zusatzschild „Schneeflocke“gilt auch, wenn es nicht schneit
Das OLG Hamm hat entschieden, dass das Zusatzschild „Schneeflocke“ keine höhere Geschwindigkeit als die angeordnete Geschwindigkeit erlaubt, auch nicht bei nicht winterlichen Straßenverhältnissen. Das Zusatzschild „Schneeflocke“ enthalte lediglich einen entbehrlichen Hinweis darauf, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung Gefahren möglicher winterlicher Straßenverhältnisse abwehren solle. Mit diesem Hinweis solle die Akzeptanz der angeordneten Geschwindigkeitsbegrenzung erhöht werden.Der Hinweis diene nur der Information der Verkehrsteilnehmer und enthalte anders als das Schild „bei Nässe“ keine zeitliche Einschränkung der angeordneten zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Kraftfahrer müssten die Begrenzung der zulässigen Geschwindigkeit auch bei trockener Fahrbahn beachten.(OLG Hamm, 04.09.14, 1RBs 125/14)
Fließender Verkehr auf Zufahrtsstraße eines Parkplatzes hat Vorrang
Grundsätzlich dienen öffentlich zugängliche Parkplätze dem ruhenden Verkehr. Ein ein-oder ausparkendes Fahrzeug trifft deshalb in der Regel nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer des Parkplatzes. Es gibt also grundsätzlich keinen Vertrauensgrundsatz zugunsten eines fließenden Verkehrs. Anders verhält es sich, wenn die zwischen den Parkplätzen angelegten Fahrspuren eindeutig Straßencharakter haben und sich aus der baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht dem Suchen von Parkplätzen, sondern der Zu-und Abfahrt dienen. In diesem Fall muss der Ausparkende gewährleisten, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist. (OLG Hamm, 29.08.14, 9 U 26/14)
1,73 Promille auf dem Fahrrad führt zu Fahrerlaubnisentzug und Radfahrverbot
Einem Antragsteller, der mit 1,73 Promille auf dem Fahrrad festgestellt worden ist und trotz Anforderung der Fahrerlaubnisbehörde kein medizinisch-psychologisches Gutachten beigebracht hat, hat die Behörde die Fahrerlaubnis entzogen und auch das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen untersagt. Nach Ansicht des Gerichts waren diese Maßnahmen nicht zu beanstanden, da es der Antragsteller versäumt habe, seine Eignung, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, durch Vorlage eines Gutachtens nachzuweisen.
Haftungsverteilung beim Vertrauen auf ein Blinklicht
Im vorliegenden Rechtsstreit hatte ein wartepflichtiger Verkehrsteilnehmer auf das Blinklicht des Vorfahrtsberechtigten vertraut und war auf die Vorfahrtsstraße eingebogen. Beim Einbiegen kam es zum Unfall mit dem blinkenden Fahrzeug. Ein wartepflichtiger Verkehrsteilnehmer darf nach Ansicht des Gerichts aber nur dann auf ein Abbiegen des Vorfahrtsberechtigten vertrauen, wenn über das bloße Betätigen des Blinkers hinaus weitere Umstände, wie das eindeutige Herabsetzen der Geschwindigkeit oder der Beginn des Abbiegevorganges hinzukommen. Nur dann darf der Wartepflichtige davon ausgehen, dass das Vorfahrtsrecht nicht mehr ausgeübt wird. Aber auch das führt noch zu einer Haftungsverteilung, im konkreten Fall 70:30. (OLG Dresden 20.08.14, 7 U 1876/13)
Keine unangemessen hohe Abschleppkosten für Falschparker
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes müssen Falschparker keine unangemessen hohen Abschleppkosten tragen, wenn sie ihr Fahrzeug unberechtigt auf einem privaten Kundenparkplatz abstellen, sondern nur die ortsüblichen Kosten. Auch nicht erstattungsfähig sind die Kosten für die Überwachung der Parkflächen. (BGH Urteil 04.07.2014, V ZR 229/13)
Der Bundesgerichtshof klärt: Tragen eines Fahrradhelmes ist keine Pflicht
Für Radfahrer ist das Tragen eines Schutzhelmes nicht vorgeschrieben. Aus diesem Grund führt das Nichttragen eines Fahrradhelmes nicht zu einer Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens. ( BGH 17.06.14, VI ZR 281/13)
Fahrtenbuchauflage 18 Monate nach Einstellung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens
Liegt zwischen Verkehrsverstoß und Fahrtenbuchauflage ein langer Zeitraum, so kann dies im Einzelfall unverhältnismäßig und deshalb unzulässig sein. Im konkreten Fall hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Auflage der Behörde gegen den Betroffenen jedoch nach 18 Monaten noch als verhältnismäßig angesehen. Die Behörde hatte angegeben, wegen Arbeitsüberlastung so lange gebraucht zu haben. (OVG Lüneburg, 23.01.14, 12 LB 19/13)
Das neue Fahreignungsregister
Ab 1.Mai 2014 tritt das neue Fahreignungsregister in Kraft. Neben einer deutlichen Erhöhung einzelner Bußgelder ist mit mehr Fahrerlaubnisentziehungen aufgrund von Punkteeinträgen in Flensburg zu rechnen.
Was ändert sich: Beispielsweise wird die Verwarnungsgeldobergrenze auf 55.-EUR erhöht. Für eintragungswürdige Ordnungswidrigkeiten gibt es nur noch drei statt bislang sieben Kategorien. Jeder Verstoß wird nach festen Tilgungfristen gelöscht. Punkte, die nach der Reform nicht mehr eintragungsfähig sind, werden zum 1.5.14 automatisch gelöscht.
In Zukunft ist der Betroffene beim Eintrag von 1-3 Punkten lediglich für eine Bewertung vorgemerkt. Beim Eintrag von 4 und 5 Punkten erfolgt eine gebührenpflichtige Ermahnung, beim Eintrag von 6 und sieben Punkten erfolgt der Hinweis auf die drohende Entziehung, bei 8 Punkten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Bis zum Eintrag von 5 Punkten kann einmal in fünf Jahren ein Punkt bei Teilnahme an einem Fahreignungsseminar abgebaut werden.
Beispiele für zukünftige Ahndungen: Überschreiten der zulässigen Geschwindigkeit außerorts um 41-50km/h 160.-EUR, 2 Punkte und ein Monat Fahrverbot, einfacher Rotlichtverstoß 90.- EUR und 1 Punkt, Fahren mit 0,5 oder mehr Promille 500 EUR, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot.
Auch ohne Helm-keine Abzüge beim Schmerzensgeld
Anders als das OLG Schleswig Holstein im Sommer letzten Jahres hat jetzt das OLG Celle einem verletzten Fahrradfahrer umfassend Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen einer Kopfverletzung nach einem Verkehrsunfall zugesprochen. Auch in diesem Fall hat der Fahrradfahrer zum Unfallzeitpunkt keinen Helm getragen. Da es aber an einer gesetzlichen Regelung zur Helmpflicht fehle, stehe dem Radfahrer nach Ansicht des Gerichts der Ersatz von 100 Prozent seines Schadens zu. Alleine die tendenzielleSchutzwirkung eines Helmes begründe keine Helmtragepflicht. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsprechung der Obergerichte zu diesem Thema hat des OLG Celle die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.( OLG Celle Urteil 12.02.14- 14U113/13)
Rechtseinbieger- Kollision mit rechts überholendem Rollerfahrer- gleich hohe Haftungsquote
Das Oberlandesgericht Hamm hatte über einen Verkehrsunfall zu entscheiden, bei dem der Fahrer eines Kraftfahrzeuges auf der Suche nach einem Parkplatz nach rechts in eine Parkbucht einbog und dabei mit einem ihn rechts überholenden Rollerfahrer kollidierte. Das Gericht hat beiden Fahrzeugführern jeweils die Hälfte ihres Sachschadens zugesprochen. Der Führer des Kraftfahrzeuges habe die ihm obliegende doppelte Rückschaupflicht verletzt und der Rollerfahrer habe unzulässigerweise rechts überholt. Da beide Verkehrsteilnehmer erhebliche Verkehrsverstöße begangen hätten, sei die ausgeurteilte Haftungsquote gerechtfertigt. (OLG Hamm,8.11.13, 9 U 88/13)