Archive for the ‘Verkehrsrecht’ Category

Achtung! Auch das Anschließen eines Handys an das Ladekabel während der Fahrt ist eine „Nutzung“ im Sinne des Gesetzes und daher verboten

Ein LKW-Fahrer begang eine Ordnungswidrigkeit, weil er während der Fahrt sein Handy in der Hand hielt, um es mit dem Ladekabel zu verbinden.

Das OLG Oldenburg hat in seinem Beschluss vom 07.12.2015 das Urteil eines Amtsgerichts bestätigt und den LKW-Fahrer wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO zu einem Bußgeld von 60 € verurteilt.

Gemäß § 23 Abs. 1a StVO darf derjenige, der ein Fahrzeug führt, ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Das OLG führt aus, diese Norm sollegewährleisten, dass der Fahrzeugführer während der Fahrt jederzeit beide Hände zur „Bewältigung der Fahraufgabe“ frei habe. Unter das Verbot fielen daher auch alle Handlungen, die der Vorbereitung der Nutzung dienten, denn auch bei diesen könne eine Ablenkung der fahrenden Person nicht ausgeschlossen werden.

 

Schild „Ende der Autobahn“ bedeutet nicht automatisch, dass gebremst werden muss!

Das OLG Hamm hat entschieden, dass das Verkehrsschild „Ende der Autobahn“ lediglich bedeute, dass die besonderen Regelungen der Autobahn nicht mehr gelten. Es bedeute hingegen nicht, dass bestimmte Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuhalten sind. Vielmehr müsse im Einzelfall aufgeklärt werden, ob für Verkehrsteilnehmer aufgrund anderer Umstände erkennbar sei, welche zulässige Höchstgeschwindigkeit gelte. Dies könne beispielsweise durch ein weiteres, die Geschwindigkeit regelndes Verkehrsschild oder ein Ortseingangsschild deutlich gemacht werden (Beschluss. v. 24.11.2015, Az. 5 RBs 34/15).

Sonderrechte eines Polizeifahrzeugs nur bei Einsatz von Martinshorn und Blaulicht

Das Land Berlin muss Schadensersatz nach einem Unfall an einen Autofahrer zahlen, weil ein Polizeifahrzeug nur mit eingeschaltetem Blaulicht aber ohne Martinshorn bei Rot in eine Kreuzung eingefahren ist. Infolgedessen kam es zu einem Auffahrunfall. Das Kammergericht hat das Einfahren des Polizeiwagens als Rotlichtverstoß gewertet, da die Sonderrechte aus    §38 Abs.1 Satz 2 StVO, nach der andere Verkehrsteilnehmer freie Bahn schaffen müssen, nur gelte, wenn sowohl Martinshorn als auch Blaulicht eingeschaltet sind. ( KG 18.07.15)

Verjährung im Bußgeldverfahren nach Übergabe des Bußgeldbescheides an Kanzleikraft

Wenn die Bußgeldbehörde einen Bußgeldbescheid weder mit Zustellungsurkunde an den Betroffenen noch an den Verteidiger direkt zustellt, sondern laut Postzustellungsurkunde an die Sekretärin als „Vertretungsberechtigten“ so ist die Zustellung nicht wirksam, mit der Folge, dass eine verjährungsunterbrechende Wirkung der Zustellung nicht eintritt. Die Kanzleikraft ist nämlich weder eine gesetzliche noch eine sonstige Vertreterin des Verteidigers. (vgl. AG Landshut 27.07.2015, 2 OWi 4286 Js 5892/15)

MPU nach strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheitsfahrt stets notwendig

Hat ein Strafgericht die Fahrerlaubnis wegen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss entzogen und beantragt der Betroffene die Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist, muss die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung ihrer Entscheidung eine medizinisch-psychologische Untersuchung anordnen. Eine solche Anordnung ist auch geboten, wenn die Blutalkoholkonzentration knapp unter 1,6 Promille lag und deutliche Indizien für eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung bestanden, wie etwa das Fehlen jeglicher Ausfallerscheinungen. (VGH Baden-Württemberg, 7.7.2015, 10 S 116/15)

Einmaliger Konsum von Kräutermischungen mit dem Wirkstoff einer“harten Droge“rechtfertigt Entziehung der Fahrerlaubnis

Das Verwaltungsgericht Trier hat entschieden, dass ein Nachweis der synthetischen Droge mit dem Wirkstoffgehalt einer „harten Droge“ die Fahreignung unabhängig von der Höhe der nachgewiesenen Konzentration im Blut grundsätzlich ausschließe. Ein berauschter Zustand sei auch hier nicht nötig.Hintergrund sei u.a.die erhebliche Gefahr für problematische Konsummuster mit Verlust der Verhaltenskontrolle. (VG Trier, 31.03.2015, 1 L 669/15.TR)

Fahrtenbuchauflage nach Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechtes

Nach Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 48 km/h konnte die Fahrerlaubnisbehörde des Rhein-Hunsrück-Kreises den Fahrer des betreffenden Fahrzeugs nicht ermitteln, da die Halterin des Fahrzeugs von Ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Die Behörde hat daraufhin der Halterin auferlegt, für acht Monate ein Fahrtenbuch zu führen. Die von der Halterin deshalb eingereichte Klage hatte keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht Koblenz hat entschieden, die Auflage sei nicht zu beanstanden. Eine Fahrtenbuchauflage diene der vorbeugenden Gefahrenabwehr. Die Halterin habe sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht auskunftswillig sei, obwohl sie den Fahrer und den Verkehrsverstoß kenne. (Verwaltungsgericht Koblenz, 13.01.15-4K215/14)

Selbstreparierer darf sich seine Arbeit begutachten lassen

Bei der Reparatur eines Unfallschadens in Eigenregie sind Gutachterkosten, die nach der Reparatur zur Bestätigung einer fachgerechten Instandsetzung anfallen, vom Unfallverursacher zu erstatten. Nach Ansicht des Amtsgerichts Ansbach hat der Geschädigte zu Beweiszwecken bei einem möglichen Folgeunfall einen Anspruch darauf, die Ordnungsmäßigkeit der Reparatur durch einen Sachverständigen dokumentieren zu lassen. (AG Ansbach 22.10.14, 3 C 817/14)

Speed im Getränk-Entzug der Fahrerlaubnis

Die Voraussetzungen für die Annahme der Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs sind grundsätzlich erfüllt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber objektiv Drogen zu sich genommen hat. Die Behauptung eines Antragstellers, ein unbekannter Dritter hätte Amphetamin in sein Glas geschüttet, ist nur dann von Relevanz, wenn sie schlüssig und nachvollziehbar dargelegt wird. (Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 2.12.14, 3 L 994/14 NW)

Fahrverbot bei Geschwindigkeitsüberschreitung kann entfallen, wenn Kraftfahrer Hilfe leisten wollte

Ein Kraftfahrer hat die zulässige Geschwindigkeit außerorts um 46 km/h überschritten. Gegenüber den Polizeibeamten vor Ort äußerte er dazu, dass seine Mutter gestürzt sei und er ihr zur Hilfe eilen wollte. Andere Hilfe hätte nicht zur Verfügung gestanden. Nach Ansicht des OLG Celle kann es in diesem Fall an einer groben Pflichtverletzung des Kraftfahrers fehlen, auch wenn er keine Umstände vorgetragen hat, die einen rechtfertigenden Notstand belegen. Damit ist die Rechtmäßigkeit des zunächst vom Amtsgericht verhängten Fahrverbotes von diesem erneut zu überprüfen.(OLG Celle, 1.10.14, 321SsBs60/14)