Archive for the ‘Strafrecht’ Category

Grundsätzlich keine unbefristete Unterbringung bei Spielsucht

Der Bundesgerichtshof hatte sich mit dem Thema zu beschäftigen, ob das Vorliegen einer ausgeprägten Spielsucht zur Unterbrigung eines Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB führen kann und hat die Frage letztlich verneint. Eine unbefristete Unterbringung kommt nach dem Votum der Richter nur dann in Betracht, wenn  die Spielsucht bereits zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt hat. Alleine die aufgrund der Spielsucht angenommene verminderte Schuldfähikeit zum Tatzeitpunkt sowie das Vorliegen einschägiger Vorstrafen genügt für diesen überaus gravierenden Eingriff in die Rechte eines Betroffenen nicht. (BGH 5 StR 597/12)

Fahrverbot-wo muss der Führerschein abgegeben werden?

Verhängt ein Gericht gegen den Betroffenen einer Verkehrsordnungswidrigkeit ein Fahrverbot, so ist der Führerschein grundsätzlich bei der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde in amtliche Verwahrung zu geben, um die Fahrverbotsfrist wirksam in Gang zu setzen.
Gibt ein Betroffener seinen Führerschein allerdings bei einer zur Entgegennahme bereiten Polizeidienststelle ab, genügt auch dies, um der gerichtlichen Entscheidung Folge zu leisten.
( AG Parchim 5 OWIG 424/12)

Wegnahme einer Fan-Jacke

Nach einem Fußballspiel haben zwei Fans des 1.FC Nürnberg einem Anhänger der Spielvereinigung Greuther Fürth dessen weiß-grüne Fan Jacke vom Leib gerissen. Einer der beiden hat die Jacke erst unter seinen Pullover gesteckt und danach in den Kofferraum seines Autos gelegt. Erst später wollten die beiden entscheiden, ob sie die Jacke entsorgen oder als Trophäe behalten wollen.
Die beiden Fans wurden sowohl vom Amtsgericht als auch in der Berufung vom Landgericht wegen Raubes zu einer Freiheitstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat das Urteil bestätigt.
Nicht durchgedrungen sind die Clubfans mit ihrem Argument, es handele sich nur um ein Bagatelldelikt.
(OLG Nürnberg, Beschluss vom 7.11.12-1 St OLG Ss 258/12)

Haftbeschränkungen in der Untersuchungshaft setzen eine konkrete Gefährdung des Haftzwecks voraus

Gegen eine wegen Raubes beschuldigten Frau hat das Landgericht Köln die Untersuchungshaft wegen bestehender Fluchtgefahr angeordnet.Aus dem gleichen Grund hat das Gericht angeordnet, dass die Besuche, die Telekommunikation und der Schrift-und Paketverkehr der Gefangenen zu überwachen sind.
Das war nicht zulässig. Die Anordnung besonderer Überwachungsanordnungen
in der Untersuchungshaft erfordert über die angenommene Fluchtgefahr hinaus immer die konkrete Gefährdung des Haftzweckes. Es müssen demnach Anhaltspunkte vorliegen, dass ein Gefangener etwa Außenkontakte zu Fluchtvorbereitungen nutzen könnte, eine Bandenstruktur zu vermuten oder Absprachen mit Zeugen für die Hauptverhandlung zu befürchten sind.
(OLG Köln Beschluss 28.12.12 2 Ws 896/12)

JUGENDSTRAFE?

Jugendstrafe darf nur verhängt werden, wenn schädliche Neigungen oder die Schwere der Schuld nachgewiesen sind.
Eine erneute Begriffsbestimmung durch den Bundesgerichtshof!

Der Bundesgerichtshof hat Strafaussprüche des Landgerichts Zwickau aufgehoben.
Das Gericht hatte zwei Heranwachsende zu Jugend-und Freiheitsstrafen wegen Drogendelikten verurteilt.Dabei hat es rechtsfehlerhafte Feststellungen zur Begründung getroffen.
So hat der Bundesgerichtshof es nicht als ausreichend angesehen, schädliche Neigungen bei einem Angeklagten anzunehmen, nur weil drei bereits verhängte Sanktionen nicht ausgereicht hätten, den Heranwachsenden von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Ebensowenig war es ausreichend, die vom Gericht angenommene Schwere der Schuld auf den äußeren Unrechtsgehalt der Tat zu stützen.

Entscheidend im Jugendstrafecht ist vielmehr, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben.

Über 3 Promille zur Tatzeit und dennoch voll schuldfähig !

Wie der Bundesgerichtshof in seiner Revisionsentscheidung vom 29.5.12 dargelegt hat, kommt der Blutalkoholkonzentration zur Beurteilung der Schuldfähigkeit um so geringere Bedeutung zu, je mehr andere aussagekräftige psychodiagnostische Beweisanzeichen dem Gericht zur Verfügung stehen.
Im konktreten Fall hatte der vom Gericht beauftragte Sachverständige beim Angeklagten 3,03 Promille zur Tatzeit errechnet. Beim Angeklagten handelte es sich aber auch sonst um einen starken Trinker. So hatte er trotz des Genusses von täglich 3-7 Litern Bier sein Berufsleben ohne jede Einschränkung unter Kontrolle. Die von ihm verübte Tat zeichnete sich zudem durch planvolles und zielgerichtetes Handeln aus.Auch das Nachtatverhalten war von keinerlei Unregelmäßigkeiten begleitet.Da für die Beurteilung der Schuldfähigkeit die Gesamtschau aller wesentlichen objektiven und subjektiven Umstände, die sich auf das Erscheinungsbild des Täters vor, während und nach der Tat beziehen, maßgeblich ist, weist das Urteil keinen Rechtsfehler auf, wenn es im vorliegenden Fall trotz Vorliegen eines sehr hohen Alkoholspiegels von der uneingeschränkten Schuldfähigkeit des Angeklagten ausgegangen ist.
( BGH Beschluß vom 29.5.12 1 StR 59/12)

Alkohol am Steuer und die Folgen….Die Entscheidungskraft der dritten Stelle des Messwertes hinter dem Komma

Im vom Oberlandesgericht Bamberg entschiedenen Fall ist gegen den Betroffenen in einem Bußgeldverfahren gem § 24a StVG wegen Führens eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr eine Geldbuße sowie ein Monat Fahrverbot verhängt worden. Die Behörde hatte ihrer Entscheidung die Ergebnisse eines ordnungsgemäß durchgeführten Dräger Alcotes 7110 Evidential zugrundegelegt. Die erste Atemalkoholmessung ergab einen Einzelwert von 0,259 mg/l, die zweite einen Einzelwert von 0,248 mg/l. Die Behörde hat daraus einen Mittelwert von 0,25 mg/l errechnet. Dies war falsch. Bei der Bestimmung der vorwerfbaren Atemalkoholkonzentration sind die für den maßgeblichen Mittelwert bereits abgerundeten beiden Einzelwerte mit jeweils drei Dezimalstellen zugrunde zu legen, so dass sich lediglich ein Mittelwert von 0,24 mg/l ergibt und der Betroffene freizusprechen war.
(OLG Bamberg, Beschluß vom 24.5.12 3Ss OWi 480/12)

Beihilfe zur Einfuhr mit Betäubungsmitteln

In einem Fall hatte die Angeklagte ihren Freund begleitet, der aus den Niederlanden Heroin in nicht geringer Menge nach Deutschland gebracht hat. Das Landgericht Wuppertal hatte die Frau zunächst wegen Beihilfe verurteilt. Der Bundesgerichthof hat das Urteil auf die Revision hin aufgehoben. Das Gericht hat ausgeführt, dass das Wissen und die Billigung der Angeklagten des Handelns des Mitangeklagten nicht für die Annahme der Beihilfe zu dessen Tat ausreiche. Eine Billigung der Tat ist nur dann als Hilfeleisten und damit als Beihilfe zu werten, wenn sie dem Täter gegenüber zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seiner Bereitschaft zu Handeln bestärkt wird. Nichtstun ist keine Förderung der Haupttat.
BGH, Beschluß vom 31.5.12- 3 StR 178/12

Keine Absicht bei Steuerhinterziehung erforderlich

Wie der BGH erneut in einer Revisionsentscheidung betont, genügt für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will. Einer Absicht oder eines direkten Hinterziehungsvorsatzes bedarf es nicht.
Die vom Landgericht verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung war auch aus diesem Grund nicht zu beanstanden.
( BGH Beschluß vom 26.6.12)

Gewalt in der Beziehung

Der Bundesgerichtshof sieht den Tatbestand der vollendeten Nötigung als nicht erfüllt an, wenn der Angeklagte seiner Exfreundin eine Scheinwaffe vorhält, um sie zur zukünftigen Wiederaufnahme der Beziehung zu veranlassen, die Geschädigte dies nur zum Schein versichert und der Verlassene die Waffe zwar weglegt, aber selbst von der Versicherung der Geschädigten nicht überzeugt ist.
(BGH Beschluß vom 19.6.12)