Archive for the ‘Strafrecht’ Category

Fortdauer der Untersuchungshaft für einen Schweizer Hooligan

Das OLG Hamm hat die weitere Haftbeschwerde eines Schweizer Hooligans als unbegründet verworfen. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, am 10.Mai diesen Jahres einem Polizeibeamten eine Bierflasche auf den Hinterkopf geschlagen zu haben, so dass der bewußtlos zu Boden fiel und eine große Platzwunde davontrug. Bei seiner Festnahme habe er  zudem massiv und gewaltsam Widerstand geleistet. Er sei deshalb der gefährlichen Körperverletzung sowie des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeante dringend tatverdächtig und müsse mit der Verhängung einer erheblichen vollstreckbaren Freiheitsstrafe rechnen. Nach Ansicht des Oberlandesgerichtes besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr auch wenn der Beschuldigte eine bürgerliche Herkunft, eine Beschäftigung im Bankenwesen und familiäre Bindungen in der Schweiz nachweisen kann. Auch die vom Beschuldigten in Aussicht gestellte Kaution in Höhe von 10.000EUR für den Fall der Haftverschonung sah das Gericht als nicht ausreichend an, um der Fluchtgefahr begegnen zu können.( OLG Hamm,18.07.13, 5 Ws 245 und 266/13)

Keine Auslieferung wegen Nichtzahlung einer Steuerschuld

Der Verfolgte wurde in Griechenland u.a. wegen Nichtzahlung festgesetzter Steuern zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Eine Auslieferung aus diesem Grund ist unzulässig, da die dem Verfolgten vorgeworfene Tat nach deutschem Recht nicht den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht. Der Antrag auf Erlass eines Auslieferungshaftbefehls war abzulehnen, da aufgrund der unterschiedlichen Gesetzgebung der europäischen Mitgliedstaaten zu Steuer-,Abgaben-,und Währungsangelegenheiten der Grundsatz der beiderseitigen Strafbarkeit gilt. (OLG Nürnberg,3.6.13- 2 OLG Ausl 40/13)

Heimliche Überwachung mittels GPS-Empfängers ist grundsätzlich strafbar

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass das heimliche Überwachen von „Zielpersonen“durch Privatpersonen grundsätzlich strafbar ist. Zwar sei immer eine Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich. Ein berechtigtes Interesse an dieser Form der Datenerhebung könne allerdings nur in notwehrähnlichen Situationen angenommen werden. Angeklagt waren im vorliegenden Fall der Inhaber einer Detektei sowie dessen Mitarbeiter. ( BGH 04.06.13, 1 StR 32/13)

Bundesgerichtshof stärkt den Rang der Selbstbelastungsfreiheit

Ein wegen versuchten Totschlags Beschuldigter hatte gegenüber der für ihn zuständigen Ermittlungsrichterin nach deren Belehrung über sein Schweigerecht sowie über das Recht einen Verteidiger hinzuzuziehen, eine spontane Äußerung zum Randgeschehen des Tatvorwurfs gemacht. Das geschah nachdem sein Verteidiger nicht zu erreichen war und er angegeben hatte, von seinem Schweigerecht Gebrauch machen zu wollen. Die Ermittlungsrichterin fragte nach und der Beschuldigte belastete sich daraufhin schwer. Nach der Hinzuziehung seines Verteidigers widerrief  der Beschuldigte sein Geständnis und machte in der Hauptverhandlung von seinem Schweigerecht Gebrauch. Das zuständige Gericht verurteilte ihn aufgrund seiner Äußerungen vor der Ermittlungsrichterin.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes war das verfahrensfehlerhaft. Aufgrund des hohen Ranges der Selbstbelastungsfreiheit hätte die Ermittlungsrichterin nicht weiter nachfragen dürfen mit dem Ergebnis, dass die Äußerungen des Beschuldigten für eine Verurteilung nicht zu Grunde gelegt hätten werden dürfen. (BGH 27.06.13, 3 StR 435/12)

Fahrer eines Feuerwehrfahrzeugs wegen fahrlässiger Tötung rechtskräftig verurteilt

Der Bundesgerichtshof hat jetzt ein Urteil des Landgerichts Hamburg bestätigt, das den Fahrer eines Einsatzwagens der Feuerwehr zu einer Freiheitssstrafe von sechs Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt hatte. Der Angeklagte war bei eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn trotz Rotlicht anzeigender Verkehrsampel mit unverminderter Geschwindigkeit auf einen Kreuzungsbereich zugefahren und dort mit einem Linienbus kollidiert. Bei dem Verkehrsunfall wurden zwei Fahrgäste des Linienbusses getötet und zahlreiche weitere Businsassen sowie vier Feuerwehrleute zum Teil schwer verletzt.( BGH Beschluss 16.7.13, 4 StR 66/13))

Dauerobservation eines rückfallgefährdeten Straftäters rechtmäßig

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein Westfalen hat die polizeiliche Observation eines rückfallgefährdeten Sexualstraftäters für rechtmäßig erklärt. Die Maßnahme durfte nach Ansicht des Gerichts auf die polizeiliche Generalklausel gestüzt werden. Die Auswirkungen der längerfristigen Observation seien auch für die Familienangehörigen, die den Verurteilten nach dessen Entlassung aus der Strafhaft bei sich aufgenommen hatten, hinzunehmen. (Urteil vom 05.07.2013, 5 A 607/11)

Aufruf zum „Schottern“ ist strafbar

Eine  Entscheidung des OLG Celle schafft traurige Rechtssicherheit. Danach stelle die Entfernung von Schottersteinen aus einem Gleisbett bis dieses unterhöhlt und hier für die Castortransporte unbefahrbar sei,  eine strafbare Handlung im Sinne einer“ Störung öffentlicher Betriebe“ dar. Durch den öffentlichen Aufruf zum Schottern sei darüberhinaus die Schwelle von einer Meinungsäußerung zur strafbaren Aufforderung überschritten. Dass die „Aufrufer“ jede Gefahr für Leib und Leben von Unbeteiligten und Polizisten ausschließen wollten und sich für ein überragend wichtiges politisches Anliegen einsetzten, sei bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.(OLG Celle 3 Ss 125/12, 14.03.13)

Ärzte rechtskräftig wegen des Vorwurfes der Körperverletzung mit Todesfolge und des Betruges freigesprochen

Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichts Kempten  bestätigt, das zwei Mediziner vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und des Betruges freigesprochen hat. Den Angeklagten lag zur Last, an einem alkoholkranken, an Leberzirrhose leidenden Patienten ohne genügende Aufklärung eine Leberzelltransplantation durchgeführt und dadurch den Tod des Patienten verursacht zu haben. Darüberhinaus hat die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vorgeworfen, der Krankenversicherung des Geschädigten die Abrechenbarkeit ihrer Behandlung vorgespiegelt zu haben, obwohl sie wußten, dass diese nicht vom Leistungsspiegel der Krankenversicherung erfasst war. Das Gericht hat zu Gunsten der Angeklagten eine hypothetische Einwilligung des Geschädigten angenommen, da beide Ärzte irrig davon ausgegangen seien, den Geschädigten ausreichend insbesondere über die Risiken des Eingriffs informiert zu haben. Den Betrugsvorwurf sahen die Richter ebenfalls als nicht erwiesen an, da die Ärzte bereits vor der Abrechnung einen Antrag auf Anerkennung der Vergütungsfähigkeit der durchgeführten Operation gestellt hatten. (BGH 1 StR 320/12, Urteil vom 20.02.13)

 

Allgemeinmediziner wegen Abrechnungsbetruges verurteilt

Der Bundesgerichtshof hat eine Verurteilung bestätigt, wonach ein Arzt für Allgemeinmedizin wegen Betruges in einem besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von über drei Jahren verurteilt worden war. Darüberhinaus wurde ein Berufsverbot von 3 Jahren verhängt. Der Arzt stellte Patienten über einen Abrechnungsservice Honorare für Leistungen in 129 Fällen in Rechnung, die er tatsächlich nicht erbracht, die er nicht selbst erbracht oder nicht in der abgerechneten Weise erbracht hat. (BGH 1 StR 45/11)

Angekündigtes Zuspätkommen – Gericht darf Berufung nicht verwerfen

Das Landgericht Bonn hat die Berufung eines Angeklagten mit der Folge der Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichtes  mit der Begründung verworfen, der Angeklagte sei nicht erschienen. Das war im konkreten Fall nicht zulässig. Das Gericht hatte bereits 10 Minuten nach Beginn der Hauptverhandlung von dessen Verteidiger erfahren, dass der Angeklagte  auf dem Weg zur Verhandlung sei und in ungefähr einer halben Stunde eintreffen würde. Kurz vor dem Eintreffen des Angeklagten sprach das Landgericht das Urteil. Das Oberlandesgericht Köln hat darin zu Recht einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gesehen. (OLG Köln, 5.2.13-III-1 RVs 12/13)