Archive for the ‘Strafrecht’ Category
Keine gefährliche Körperverletzung, wenn Radfahrer nach Kollision mit PKW stürzt
Im zugrundeliegenden Fall war die Angeklagte mit ihrem PKW zielgerichtet auf einen Fahrrad fahrenden Jugendlichen zugefahren. Bei seinem Fluchtversuch stürzte der Jugendliche und verletzte sich. Anders als das zunächst urteilende Gericht hat der Bundesgerichtshof in diesem Fall keine gefährliche Körperverletzung angenommen. Dazu sei es erforderlich, dass es zu einem direkten Kontakt zwischen Fahrzeug und Körper komme. ( BGH 4 StR 275/13, 30.07.13)
Pathologisches Spielen führt nicht zwingend zur Einschränkung der Schuldfähigkeit
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes können in schweren Fällen der Spielsucht allerdings psychische Defekte und Persönlichkeitsveränderungen auftreten, die eine ähnliche Struktur und Schwere wie stoffgebundene Suchterkrankungen aufweisen. Wie bei Substanzabhängigkeit kann daher auch bei Spielsucht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähikeit angenommen werden, wenn diese zu schwersten Persönlichtkeitsveränderungen und starken Entzugserscheinungen geführt hat. Zudem müssten die begangenen Straftaten der Fortsetzung des Spielens gedient haben.( BGH 5 StR 377/Urteil 7.11.13)
Keine Strafbarkeit wegen Körperverletzung mit Todesfolge bei andauerndem Würgegriff
Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichts Kempten aufgehoben, das einen Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu 3 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt hatte. Der Angeklagte hatte nach einem Faustangriff den später zu Tode gekommenen Angreifer in den Schwitzkasten genommen, um weitere Angriffe auf sich zu verhindern. Er behielt ihn auch im Würgegriff als dieser sich bereits beruhigt hatte, da er weitere Angriffe fürchtete. Dadurch trat schließlich der Tod des Angreifers ein. Das Landgericht bejahte zwar zunächst eine Notwehrlage, hielt den fortdauernden Würgegriff aber für nicht mehr erforderlich, um den Angriff zu beenden.Der Bundesgerichtshof hielt hingegen die Einlassung des Angeklagten für erheblich, er hätte Angst gehabt, der zu Tode Gekommene würde bei seinem Loslassen weiter auf ihn einschlagen. Bei einem Irrtum des Angeklagten über das tatsächliche Bestehen einer Notwehrlage komme nur eine Bestrafung wegen fahrlässiger Tötung in Betracht, wenn der Angeklagte die gebotene und ihm zumutbare Sorgfalt verletzt habe. ( BGH 21.08.13, 1 StR 449/13)
Durchsuchung nach 18 Monaten unverhältnismäßig
Eine Wohnungsdurchsuchung setzt den Anfangsverdacht einer Straftat voraus. Aufgrund des erheblichen Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre muss die Durchsuchung zur Ermittlung und Verfolgung einer Straftat erforderlich, erfolgversprechend und verhältnismäßig sein. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Wohnungsdurchsuchung 18 Monate nach dem Vorliegen von Verdachtsgründen für den Verkauf von Betäubungsmitteln als unverhältnismäßig angesehen, da Drogen, die zum Weiterverkauf gedacht sind, regelmäßig nur eine geringe Verweildauer beim Ankäufer haben. Der Durchsuchungsbeschluss lege nicht dar,warum ausnahmsweise nach so langer Zeit noch Beweisgegenstände in der Wohnung vermutet worden sind. (BVerfG BvR 389/13, Beschluss vom 29.10.13)
Dauerobservation eines ehemals Sicherungsverwahrten unzulässig
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat entschieden, dass die polizeiliche Generalklausel als Rechtsgrundlage für eine Dauerobservation ausscheidet. Ein ehemals sicherungsverwahrter Straftäter war nach dessen Entlassung über 1,5 Jahre dauerobserviert worden. Das war nach Auffassung des Gerichts rechtswidrig. Die mit einer solchen Maßnahme einhergehende schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bedarf einer bislang fehlenden detaillierten gesetzlichen Grundlage, welche neben den Voraussetzungen für eine Dauerobservation auch deren Höchstfristen und Regelungen zu Überprüfungsfristen und einen Richtervorbehalt enthalten müsse. ( Verwaltungsgericht Hamburg, 27.11.13-13 K 1715/13)
Tätige Reue widerlegt die Vermutung der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen
Nach einem Unfall im fließenden Verkehr mit einem Schaden von über 1300.-EUR und zunächst begangener Unfallflucht hat sich ein Beschuldigter eineinhalb Stunden nach seiner Tat freiwillig bei der Polizei gemeldet. Trotz der Erfüllung des Tatbestandes der Unfallflucht hat das Gericht hier auf die gesetzlich vorgesehene Entziehung der Fahrerlaubnis verzichtet, da es sich beim Verhalten des Beschuldigten offenbar um ein Augenblicksversagen gehandelt hat. ( AG Bielefeld, 9.10.13-9 Gs 402Js 3422/13-5435/13)
Apotheker verliert Approbation und Betriebserlaubnis nach Säureangriff
Ein Apotheker hat sich nicht nur wegen gefährlicher Körperverletzung schuldig gemacht, sondern verliert auch seine Approbation und seine Betriebserlaubnis, weil er in einer Gaststätte zwei Gäste mit einer ätzenden Phosphorsäurelösung aus seinem Labor bespritzt hat. Nach Auffassung des Gerichts hat er mit seinem Angriff in erheblicher Weise gegen die allgemeine Berufspflicht eines Apothekers verstoßen, die in einer Apotheke verfügbaren Substanzen verantwortungsvoll einzusetzen. Er habe sich beim Verwenden der Phosphorsäure eines Mittels bedient, die Ihm aufgrund seines Berufes zur Verfügung stehe. Deshalb fehle ihm die erforderliche Eignung weiter seinen Beruf auszuüben. (VG Köln, 29.10.13, 7 K 3907/12)
Urteil wegen Körperverletzung gegen Zahnarzt aufgehoben
Der Angeklagte war u.a. wegen zu Unrecht unter Vollnarkose gezogener elf Zähne wegen Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und ihm war für zwei Jahre die Berufsausübung untersagt worden.
Auf die Revision des Angeklagten hat das Oberlandesgericht Naumburg jetzt das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an eine andere Kammer des zuständigen Landgerichts zurückverwiesen. Das Oberlandesgericht hat die widersprüchlichen Angaben des Landgerichts zu einer möglichen Einwilligung der Patientin gerügt. Darauf kommt es für das Vorliegen der Strafbarkeit des Arztes allerdings entscheidend an.( OLG Naumburg 30.10.13, 105 Ss 172/13)
Keine Falschbeurkundung im Amt, wenn TÜV-Prüfer falschen Untersuchungsbericht erstellt
Im vorliegenden Fall hatte der Angeklagte in seiner Funktion als TÜV-Sachverständiger Untersuchungsberichte erstellt, in denen er an einem Fahrzeug keine oder nur geringe Mängel bescheinigte, wobei er jeweils damit rechnete, dass das Fahrzeug nicht verkehrssicher war.Der Angeklagte erteilte für das Fahrzeug allerdings weder eine HU-Plakette noch brachte er eine solche am Fahrzeug an. Nachdem das Landgericht den Angeklagten wegen Falschbeurkundung im Amt verurteilt hatte, hat das Hanseatische Oberlandesgericht den Angeklagten freigesprochen, da es letztlich an der für diesen Straftatbestand erforderlichen falschen Beurkundung einer rechtlich erheblichen Tatsache fehle.(HansOLG Hamburg, 24.4.13, 1-78/12)
Der Einsatz von Spurensuchhunden als Beweismittel
Das Landgericht Nürnberg hat Kriterien aufgestellt, wonach Ergebnisse von Mantrailereinsätzen als alleiniges Beweismittel für die Anwesenheit von Verdächtigen am Tatort verwertbar sind.Zunächst muss der Einsatz von Hunden durchgeführt werden, die die jeweils einschlägige PSH-Prüfungsstufe der Polizei absolviert haben. Die verwendete Geruchsspur muss eindeutig nachvollziehbar einer konkreten Person zuzuordnen und die Gewinnung des Spurenträgers muss protokolliert sein. Jeweils zwei Suchhunde müssen unabhängig voneinander dieselbe Spur suchen und jeder Einsatz ist vollständig zu filmen. ( LG Nürnberg 13 Kls 372 Js 9454/12)